Von Carsten Möhle auf Dienstag, 19. Januar 2021
Kategorie: Expeditionen

Surfen auf dem Nyiragongo - Kraterstimmung

An den Kraterrand

Dies ist die Fortsetzung von „Der Aufstieg

Denkt dran, noch bis Ende des Monats kann einfach hier gespendet werden:

https://www.betterplace.me/kanyaruchinya-primary-school

Durch die Rast gestärkt konnte es weitergehen. Aber "No waves no glory”
Nur nichts anmerken lassen, wie Spock: außen Vulkanier, innen Klingone.

Die Bodenkrumme bestand jetzt aus breitgetretenem Basaltgestein. Meine „Ge-Hilfen“ Allwetterganzjahresüberallstiefel steckten das ständige Auftreten auf die Legosteine gut weg.

Notiz an Bwana: Vielleicht sollte man sich für die nächste Tour noch eine weitere Sohle als Einlage mitnehmen.
Großhirn an Bwana: Nächste Tour? Zuerst musst du noch diesen Katzenkalender fertigmachen…
Achselhaare an Bwana: Vorher noch Achselhaarextensions gegen den Schweiß.
Magen an Bwana: BÖKLUNDER! GUTFRIED! REDLEFSEN! MEICA! BIFI!
Enddarm an Bwana: Seitenbacher Müsli!

So, aus dem Bild verschwunden. Das Surfbrett kann wieder an den Träger übergeben werden.

Alle paar Minuten eine kurze Pause, unter dem Vorwand die Landschaft auch mal zu genießen.

Von Götzen 1894 S. 209: Einige Minuten gönnen wir uns Erholung, die ich benutze, um Hypsometer, Aneroid und Thermometer abzulesen. Dann geht es an der Südseite des Kegels über scharfes Gestein gerade hinauf.
Mit jeder Minute wächst die Schwierigkeit des Emporklimmens, weil ganze Wälle und Mauern von Laven überklettert werden müssen und weil die zahllosen Trachytblöcke und -Trümmer die Füsse wund reissen. Die Barfüssigen unter den Leuten beginnen zu jammern und verwünschen vermuthlich im Innersten ihres Herzens unseren unbegreiflichen Forschertrieb, der uns vorwärts drängt. Mein Zeltdiener Isa muss zurückbleiben.
Unsere Lungen und Pulse schlagen immer höher; alle 20 Minuten muss Halt gemacht werden, damit wieder Athem geschöpft werden kann.       …

Unter und über uns ist jetzt Alles in dicken Nebel eingehüllt, zwischen dem auf wenige Sekunden schmale Streifen blauen Himmels hervorlugen, wenn der Wind die Dunstmassen zertheilt. Von arbeitender, vulkanischer Thätigkeit zeugt nirgends eine Spur, nur manchmal glauben wir ein leises Rollen, wie fernen Donner, zu vernehmen. Meine anfangs gehegte Besorgniss, der Wind würde uns von oben herab erstickende Schwefeldämpfe entgegenjagen, scheint unbegründet zu sein.“

Unser Koch- links im schweinchenrosa Tshirt- schaute schon skeptisch in meine Richtung. Ob er das Richtige dabeihat, um mich zu ernähren?

Da oben müssen wir irgendwo hin.

Ferdo und Erika hatten mittlerweile die Führung übernommen, aber nicht als Schwächste, sondern als Stärkste in der Gruppe.

„Wenn Du hier bist wer kocht dann im Himmel gerade Gulasch?“ Rief ich Erika zu und nutzte ihre Verwirrung darüber, schnell im Turbogang an ihr vorbeizuziehen.

Endlich erreichten wir um 15:10 Uhr den zweiten Rastplatz auf 2.525m.

Für die nur 275 Höhenmeter seit dem letzten Rastplatz haben wir 3 1/2 lange Stunden gebraucht. Mehr als 5 Stunden für die ersten 4 km und drei noch viel Steilere „lagen“ noch vor uns. Wenn wir in diesem Tempo weiterkommen erreichen wir den Krater erst bei Dunkelheit.

Irgendwie müssen wir jetzt den Turbo anwerfen.
Ich könnte schwören, dass das Snickers gerade nach mir gerufen hat. Ich habe es dann aber nur noch kurz gesehen. Huch! Snickers in den Mund gefallen.
Unser Koch verteilte uns jetzt seine mitgebrachten Schätze: Gurkenstücken, die Salami für Vegetarier, 2 Bananen- Ein Affensnickers! Dazu Eierpfannkuchen- soll ich crepieren?
Ich meine, man sollte Glutenunverträgliche Menschen auch nicht in Getreidefeldern aussetzen.
Wieso jetzt das? Eine ernährungstechnische Kraterstrophe!
Da ist man nun beim größten Grillfeuer der Welt, und dann gibt’s kein Fleisch!

Bei Götzen war das noch alles richtig geregelt: Von Götzen 1894 S. 208: "Um 2 Uhr trifft die erbetene Proviantkolonne mit Wasser, Ziegen, Mehl, vier Ersatzträgern und drei Ersatz - Askari bei uns im Waldlager ein,..."

Das Erfolgsrezept der Menschen ist der erhöhte Fleischkonsum, sonst wären wir vegetarische Affen geblieben. Sie grillten Fleisch, panierten es, steckten es auf Spieße, tunkten es in dicke Soßen und leckten sich die Lippen. So wurden wir zum Menschen. Warum sollte man ohne Not den sicheren Platz am Ende der Nahrungskette aufgeben?

Was würde ich jetzt für eine Yogumette, der längsten Praline der Welt, geben!

Also Tempo-Tempo. Noch schnell von den Trägern und Ablöse-Rangern verabschieden, die zum Außenlager weitergehen und durch die Wolkenzone zum nächsten Rastlager, als Sprungbrett zum Kraterrand.

Um 16:15 Uhr haben wir bereits den letzten Rastplatz auf 2.755m erreicht, sensationelle 45 Minuten für 230 Höhenmeter. Danke, Snickers!

Nein, kein Erschöpfungsschlaf. Hinfallen ist ja wie anlehnen, nur später.
Ich versuche nur, meine Augen vor dem einfallenden Abendsonnenlicht zu schützen. Und träume von Mettflix-Serien wie Mett Gyver, Donald Hack und Kermett aus der Sesamstraße oder den Filmen Jurassic Pork, Mettgeflüster mit Rock Hudson und Doris Day sowie Disneys The Loin King. Eine Ham-Let Aufführung in der Shakesbier Arena und dazu eine Tafel Ritter Sport Gulasch oder ein Hacknuta mit einer Dose Sprühjehacktes für Clemettinen.
Als Getränk dazu eine Diet Coke mit Schinkengeschmack oder einer Bacon-Soda.

Nicht zu verwechseln ist Nordic Walking mit der ebenfalls weltbekannten Extremsportart Southern Creeping. Daher ging es für den Endspurt wieder aufrecht weiter.

Als wenn man auf einer riesigen Raucherlunge wandert.

Seit Jahrzehnten als „Erikalager“ bekannt wegen des baumhohen Riesen-Heidekrauts auf 2.900m.

Vulkan Karisimbi (4506 m) in der Virungakette. Man kann jetzt auch erahnen, wie steil der Weg nach oben in diesem Teil ist. Aber keine Zeit zum Abhängen.

Blick nach Goma und Lake Kivu. Zu sehen ist aber nur der Shaheru Krater im Nebel

Um 16:35 Uhr sehen wir bereits die Hütten unseres Nachtlagers 10m unterhalb des Kraterrandes.

Ein brutaler Endspurt. Um uns abzulenken und zu motivieren, denken wir uns Vulkanbeschimpfungen aus:

Und endlich, endlich oben. Handyempfang!

Unverbaute Sicht aufs Klo, aber Stoffwechsel kann warten. Schnell die Sachen in die zugewiesene Schlafhütte gebracht und dann noch 10m rauf zum Kraterrand, um einen Blick auf den Lavasee zu werfen. Noch 5m, noch 3m, jetzt sind wir am Kraterrand und schauen rüber:

Und verdammt, wir sehen nichts.
Dampfwolken.
Und dafür die Anstrengung?