Kapepos Katutura
39 Jahre, schelmisch und immer ein Streichholz im Mund – das ist Samuel Kapepo.
So begrüßt er Sie, wenn er zu einer seiner Touren durch den Katutura-Stadtteil Ombili startet.
Aufgewachsen im Owamboland bei Helao Nafidi an der angolanischen Grenze und dann nach seinem Abschluss nach Windhoek gegangen. Hier ist er als Tausendsassa unterwegs und hat bereits als 19-jähriger im Februar 2005 mit einer Suppenküche für Kinder angefangen.
Wer nach einem Köln – Aufenthalt noch sitzen kann und den Brocken als Afrikaner ohne Sauerstoffmaske bestiegen hat, der findet sich auch in Katutura zurecht.
Wir abeiten mit ihm jetzt seit Jahren auf unseren Katutura-Spezial Touren mit seinen sehr speziellen Wanderungen durch den Stadtteil Ombili.
Leben Live im Stadtteil Ombili
Man besteigt nicht eine Welt der Kofferträger, Lodge-Rasen-Gärtner oder Restaurant-Angestellten, die normale Kontaktzone eines Touristen mit der afrikanischen Welt, sondern erhält einen Einblick in die Realitäten des Lebens in Namibia.
65 % der Bewohner Windhoeks leben in Blechhütten. In den Gemeinden im Rest des Landes dürfte es ähnlich aussehen. Ombili halte ich für den problematischsten Stadtteil Windhoeks, da er in den Randgebieten abschüssig ist, Feuerwehren dort nicht hinkommen und akzeptable hygienischen Bedingungen am schwersten herzustellen sind. "Ombili" heißt allerdings übersetzt "Frieden" und tatsächlich können wir uns dort völlig frei und ungefährdet bewegen.
Man wandert durch verwinkelte Gassen, trifft Menschen mit viel Tagesfreizeit und kann überall auf Nachfrage mal in die Hütten schauen. Privatsphäre ist eher eine europäische Konstruktion.
Kübelbier und Kapana
Zu den beliebtesten Aktivitäten auf einem Katutura Rundgang gehören Pompe und Kapana-Fingerfleisch probieren.
Irgendwo köchelt eigentlich immer was zu jeder Tageszeit.
Es geht täglich so viel Fleisch über diese Grills, dass es eigentlich immer frisch ist.
Man nimmt ein Stück und tunkt es in die überall gleichen Gewürzmischungen ein. Salz, Paprika-Gewürtzsalz, Chilistückchen oder Motoröl oder Gallenblasenextrakt. Schmeckt zumindest so bitter, keine Ahnung was das ist keine Ahnung wer das mag.
Wir "Shirumbus" -Bezeichnung für Weiße Europäer- bezahlen genau das Gleiche wie die anderen Konsumenten vor Ort. 1 N$ pro Stück. Die Inflation der letzten Jahre sieht man nur durch die heutzutage kleineren Stückchen.
Wer Arbeit hat, kommt abends in "seinem Ghetto" bei dieses Ständen vorbei, gibt 10 N$ für ein bikkie Fleisch aus und wird mit dem neuesten Schnack aus dem Stadtteil versorgt. Diese Kapana-Stände sind auch die Lokalzeitung.
Ein Fettcookie, frittierter süßer Teig, kostet 3 N$. Wir suchen immer die hellsten aus, denn dann war das Fett noch frisch, als frittiert wurde. Aus den dunkeldunkelbraunen kann ein geschickter Wahrsager schon fast die Zukunft rauslesen.
Pompe ist ein Bier aus Mahangu, einer Art Hirse, innerhalb von 2 Tagen gebraut. Der Alkoholgehalt ist ca. 2 Volumenprozent. Also fast wie Kölsch, im Volksmund auch "Leberverarsche" genannt.
Es schmeckt säuerlich und ist daher immer sehr erfrischend. Ein Liter kostet 5 N$, eine normale 0,330 l Flasche Tafel Lager 13 N$.
Die Braureste werden als Hühnerfutter entverwertet.
Ihnen geht's bierisch gut!
Gelegentlich wird auch selbstgebrauter Schnaps mit verköstigt. Man kann ein Auge riskieren, aber bisher gab es noch keine Hornhauttrübung. Nur manche Gäste behaupteten, man bekäme durch den Konsum des selbstgebrannten Haare auf der Zunge.
Die Fleischgirlanden werden zu Biltong-Trockenfleisch verarbeitet. Wahre Bratrioten hier!
Entweder verkauft man es vor Ort oder bringt es zum Verwandtenbesuch mit ins Owamboland.
Wieder Kühlschrankplatz für Bier gespart! Nein, man hat hier natürlich keine Kühlschränke und keinen Stromverbrauch. Deshalb auch überall die kleinen Büdchen, in den man täglich frische Ware kauft.
Selbst aus Häuten produziert man essbares. Dabei hätte daraus auch eine kurze Hose werden können.
Alles Fleisch wird restlos verarbeitet!
Nachdem die Rinder unter - in der Regel - tierärztlicher Aufsicht im Schlachthof von Windhoek getötet wurden, werden sie dann zum Teil direkt zu verschiedenen Verteilerstellen nach Katutura gefahren. Hier werden Sie weiter zerlegt.
Die Filetstückchen kommen auf den Fingerfleisch-Grill, die Fußenden und Knochen werten von Verteilern im Stadtteil gleich weitergefahren und weiter verarbeitet, Abgeschabte Knochen, ausgekochte Knochen, um an das Knochenmark zu kommen.
Bauch-Beine-Po für Männer. Selten findet man eine Schulter zum Anlehnen.
Er wollte als Kind immer mal was mit Tieren machen.
Am Ende der Nahrungskette stapeln sich die Schädel- und Knochenreste, bis auch die zur weiteren Verwertung als Seife eingesammelt werden.
Im Sommer muss man erst einmal in die Hände klatschen, damit man sieht, welches Fleisch hier gerade verarbeitet wird.
Hmm. Lekker Pansen.
Manchmal gibt es im Owambo-Stadtteilen auch Hundesuppe "a la Püppi".
Unser Dilemma: Wen streicheln? Wen essen?
Wird auf der Welt ganz anders als bei uns zu Hause entschieden.
Auch diese Erkenntnis gehört zum Weltverstehen.
Dann doch lieber Hühnerfüße, die sind etwas dichter an unserem Kulturkreis.
Kacken und Klos
Während in unseren Vor-Orten schon mal in den Garten gekackt wird, damit die potentiellen Einbrecher glauben, man hat einen großen Hund, kann man im Kanalisationsfreien Raum nur Gemeinschaftstoiletten aufstellen.
So hat man es mal gedacht, um bräunlichen Restmateriekapseln auszuscheiden, mit Seebestattung.
Aber dafür hat man sich die falschen Bewohner ausgesucht. Die waren wohl ziemlich angepisst und haben erst die Holztüren geklaut, diese verbrannt und dann sind sie an die Armaturen gegangen. Es ist ihnen so gelungen ist, eine randlose Toilette zu bauen, es gibt doch schließlich auch randlose Brillen.
Reines Schließmuskelmobbing!
Mit Sitzpinklern wäre das nicht passiert.
In diesen ein wenig abseits gesetzten Blechhütten stehen zwei Eimer: Einer zum Wurstversenken und einer mit Wasser zum Waschen.
Sicher kann man hier auch mit einem Tannendurft Raumspray arbeiten, aber dann riecht es nur so, als ob jemand in den Wald geschissen hat, da die Eimer meistens irgendwo in der Nähe entleert werden.
Konkurrenzlose Kinematographische Köder
Ein Traum für Photographen, Motiv- und Geschichtensammler. Kapepo klärt den Weg, übersetzt, fragt nach, vermittelt. Und schon bekommt man Photos, die kaum ein Tourist hat.
Wasseruhren
Für jeweils ca. 60-80 Blechhütten gibt es einen Wasseranschluss, wo man mit einer vorab bei der Stadtverwaltung mit Guthaben aufgeladenen Chip-Karte einen kleinen, nominalen, hoch gesponsorten Betrag bezahlt. Für 1.000 Liter Wasser werden 27,77 N$ berechnet. Hier die derzeitigen Prepaid Tarife.
Während COVID-Zeiten konnten diese Wasseranschlüsse frei geschaltet werden, so dass jederzeit die Hände gewaschen werden konnten.
Wenn mal wieder ein Kochfeuer außer Kontrolle geraten ist, sollte man Freunde haben, die einen Wasserkredit haben, da die Feuerwehr in diese Bereiche nicht vordringen kann.
Klaubautermänner und Kaufstände
Die schärfsten Beklauer der Elche sind meist selber welche.
(altes Nordisches Sprichwort, schlecht zitiert nach der Neuen Frankfurter Schule).
Die Nachbarschaftswachen der älteren, zentralen Stadtteile in Verbindung mit den schwarzen Scheriffs der Stadt Windhoek sind so erfolgreich, dass die Kriminalität Windhoeks weitestgehend nach Katutura abgedrängt wurde. Auch hier sieht man Zäune und Stacheldraht, schließlich fällt ein potentieller Dieb hier nicht so auf, wie in den "besseren" Stadtteilen, wo Neulinge von 150 Hundeaugenpaaren misstrauisch beäugt werden und jedes Haus besser bewaffnet ist als eine Polizeistation.
Selbst Kleinstläden, die einen Überschuss von ca. 40 Euro im Monat erhoffen, sind gesichert. Zumeist schlafen die Kinder in diesen Räumen als Frühwarnanlage.
Kapepo weiß, wo die Not am größten ist, und händelt auch die Drama-Queens entlang des Weges.
Wenn wir Decken im Winter anliefern (PEP-Stores ca. 80 N$ pro Decke), verteilt Kapepo sie an die Bedürftigsten.
Hier eingekaufte und verteilte Bleche nach einem Häuserbrand
Es wird in einem großen, schwarzen Buch erfasst, wer was wann bekommen hat, um möglichst gerecht zu verteilen.
Kapepos kulinarische Kostproben – Die Ombili Suppenküche
Das Herzstück seines Engagements ist seine Suppenküche. Bereits mit 19 Jahren, seit März 2005, direkt nach seiner Ankunft in Windhoek, unterstützt er hier in seinem Stadtteil.
Jeden Sonntag wird ein Teil seiner Einnahmen als Stadtteilführer und Spenden von Hilfsorganisationen oder Einzelpersonen hier in abwechslungsreiche Nahrung für die Kleinsten - 3-14 Jahre - eingesetzt.
Er gilt als zuverlässiger Einkäufer und Geldweiterleiter, daher nutzen ihn mehrere Organisationen wir Forum Deutschsprachiger Namibier, die namibische NGO Creabuntu und die deutschen NGO KENIAL, die Deutsch-Namibische Gesellschaft, sowie die Deutsche Botschaft in Namibia.
Man kann bei der Suppenküchenarbeit helfen und Gemüse schnippeln
Im Ergebnis einen Tag satt
Namibia-Gemüse
oder Einkaufen gehen
Oder über Paypal über die Website von Kids Soup Kitchen spenden.
Im Container werden auch Schreibwaren, Schulbücher und Koch-Utensilien aufbewahrt.
Wer malt nicht gerne?
Kapepos kokette Kinder
Kapepo hat vor Ort zwei eigene Kinder, fühlt sich aber für alle Kinder aus seiner Umgebung mit zuständig.
Endlich neue Schuhe!
Kapepo als Schuhtzengel mit Schuhbkraft, breiten Schuhltern und wenig Schuhppen. Nur unschuhldige und unschuhverlässige Schuhlschwänzer mehrerer Schuhlfächer erinnern sich später nicht gerne an ihre Schuhlzeit in Namibia zurück.
Bei Jimmy´s Shoe Repair in Katutura nimmt die Schuhvereherung sogar quasi religiöse Züge an, ich entdeckte dort die salbenden Worte: "I will heel you, I will safe your sole, I will even dye for you"
"Tschuhs!", wie man hier im sonnigen Namibia sagt.
Kapepos komische Kulturen
Wer einen unkomplizierteren Haarschnitt als ich habe, der kann mit ihm auch zum Friseur gehen. Hat der Langhaarschneider 3 Stufen, kann man bereits jeden afrikanischen Haarschnitt hinbekommen. Ist Kamm und Schere erst einmal bezahlt, ist der Rest Gewinn!
Hier könnte Ihr Photo sein!Viele Kneipen sind mit einem Billardtisch ausgestattet, so dass sich schnell Länderspiele Deutschland - Namibia organisieren lassen. Oder auch mal ein 4-Länderturnier mit Deutschen, Schweizer und österreichischen Gästen.
Franzosen, Spanier oder Italiener buchen solche Touren nicht, weil Sie sagen "Wir haben genug Schwarze in unseren Vorstädten, da brauchen wir hier im Urlaub keine mehr angucken".
Wer zuletzt locht, locht am besten. Man ist schon mal beim spielen der „Schwarzen Acht“ von acht Schwarzen umgeben.
Es gibt ein Musikstudio
und outdoor Musik
Bei der Katutura-Adaption des Gloria-Gaynor-Gassenhauers „I will survive!“ ist hier der Grat zwischen „Beherrschen des Songtextes“ und „Erschaffen einer neuen Sprache“ nur sehr schmal. Aber, nur so ist Musik Bier für die Ohren.
Kapepos Kehrwoche
Kehrwoche. Kennen wir. „Sie haben wieder die Treppe nicht gemacht.“
Regelmäßig werden die (Ab-)Flussläufe von Kapepo uns seinen Helfern gereinigt, um die Wahrscheinlichkeit von Cholera in diesen Gebieten zu senken. Gelegentlich findet man dabei weggeworfene Föten.
Kapepos Kontaktdaten:
Gerne für Touren mit Kapepo direkt Kontakt zu ihm aufnehmen und einen Treffpunkt in Katutura vereinbaren:
Samuel Kapepo Mobil / Whatts App 00264 81 234 6589 Skapepo@googlemail.com
Die Website der Suppenküche, über die man auch per PayPal spenden kann.
In dieser Gegend finden die Wanderungen statt:
GPS KOORDINATEN
-22.505156110303286, 17.044052118060325
Treffpunkt am Billardtisch an der Bar.
-22.505156110303286, 17.044052118060325
Sie erhalten von uns eine kurze Nachricht per Email, wenn es ewas neues im Blog gibt...